Dienstag, 23. August 2011

Dylan Evans & Howard Selina, Evolution. Ein Sachcomic

- Nichts in der Biologie ergibt einen Sinn, es sei denn, man betrachtet es im Lichte der Evolution. - 
(T. Dobzhansky)

Die Evolution, oder besser die Evolutionstheorie von Charles Darwin, ist ein Themenfeld, das immer wieder in den Medien auftaucht. Aber auch in der Schule wird ihm Platz eingeräumt. Jedoch erfährt man in Gesprächen oft, dass zwar viele Menschen mitreden wollen, aber nur wenige wirklich verstehen wie Darwin geforscht hat und wie er zu seinen Schlussfolgerungen kam.
Sicherlich mag es für den Leser, der biologisch nicht so versiert ist, schwer sein jedes Detail zu verstehen. Es ist allerdings auch fraglich, ob dies überhaupt notwendig ist. Häufig reicht es schon, wenn man sich eine gute und sehr verständliche Einführung zur Hand nimmt. Dann stellt sich aber noch immer die Frage, ob die Lektüre auch Spaß bereitet.

Der TibiaPress Verlag hat es sich zur Aufgabe gemacht gesellschaftlich relevante Themen, die teilweise auf Schulwissen basieren, unterhaltsam zu vermitteln. Hierfür wurde die Reihe Infocomics ins Leben gerufen. In kleinen Taschenbüchern werden die wichtigsten Aspekte zu Themen wie Ethik, Logik, Marxismus und Quantentheorie vermittelt. Unterfüttert werden die Texte mit comicartigen Zeichnungen.

Ich habe mir die Ausgabe "Evolution. Ein Sachcomic" angeschaut und war zunächst überrascht von der thematischen Vielfalt. Die ausführlichen Beschreibungen einzelner Aspekte der Evolutionstheorie sind sprachlich sehr informativ und verständlich erstellt. Zudem sind sie inhaltlich korrekt und greifen wichtige Gedanken auf, die dem interessierten Leser unweigerlich im Kopf umherspuken. So wird zum Beispiel immer wieder auf die Idee des Kreationismus eingegangen, auch wenn sie in dem Buch sehr schnell als illegitim dargestellt wird. Weiterhin haben mir die Bezüge zu anderen Wissenschaftlern und Wissenschaftsdisziplinen gut gefallen. Man lernt wichtige Personen kennen, die Darwin beeinflusst haben oder seine Zeit prägten. Dadurch ergibt sich ein wunderbarer zeitlicher Kontext und man kann einzelne Aussagen noch besser verstehen.
Wie sieht es nun mit den Zeichnungen aus? Ich muss ehrlich gesagt gestehen, dass sie mich ein wenig enttäuscht haben. Sie passen zwar immer zum Text und die entsprechenden Sprechblasen veranschaulichen noch einmal das gerade Gelesene. Allerdings wirken die Bilder teilweise etwas unprofessionell. Zudem ist der Stil aus meiner Sicht nicht wirklich modern. Er erinnert schon sehr an die frühen 90er Jahre und schmälert damit die Chance auch viele junge Leser zu erreichen. Denn gerade die Generation, die sich für dieses Thema und einen Sachcomic interessieren wird, hat visuell ganz andere Ansprüche.

Fazit: Der Aufbau, die einzelnen Aspekte und die Sprache sind hervorragend. Allerdings konnten mich die Zeichnungen nicht überzeugen und behinderten dadurch meinen Lese- und Lerngenuss ein wenig.



Format: 12,5 x 18 cm
ISBN: 978-3-935254-27-4
Produktformat: Paperback
Seiten: 176
Preis: 10€





Recht herzlichen Dank an den Verlag für dieses Rezensionsexemplar!

Donnerstag, 11. August 2011

Phillip Toledano, Letzte Tage mit meinem Vater

- Jeder Besuch ist ein unglaubliches Geschenk für uns beide. Es fühlt sich an, als tränken wir für ein letztes Mal beide tief aus denselben Brunnen. -

Wie fühlt es sich an, wenn die Mutter gerade gestorben ist und die Demenz des Vaters immer weiter fortschreitet? Was fühlt man, wenn immer wieder die gleichen Fragen auftauchen und Menschen nicht erkannt werden? Und dann gibt es Sekunden, in denen die Krankheit plötzlich nicht existiert. Wie reagiert man darauf?

Phillip Toledano hat mehrere Jahre in verschiedenen Werbeagenturen gearbeitet, dabei aber nie seine Leidenschaft für die Fotografie versteckt. Letztendlich verdrängte das Hobby sogar den eigentlichen Beruf und nahm seine Stelle ein. Wenn Toledano gefragt wird, was ein perfektes Foto aus seiner Sicht ist, vergleicht er dies häufig mit einem unvollendeten Satz. Es füllt einen gewissen Raum, lässt aber Platz für eigene Interpretationen. Diese Maxime hat er auch verfolgt, als er seinen Vater in den letzten Tagen begleitet hat. Nach dem Tod seiner Mutter hat Toledano eine ganz besondere Beziehung mit seinem Vater aufgebaut, die stark durch die Demenzerkrankung geprägt wurde. Seine Erfahrungen, Erlebnisse und Gefühle teilte der Fotograf mit anderen Menschen in einem Blog. Verstärkt wurden die Worte durch Fotos, die den Vater und seine Umgebung in verschiedenen Situationen zeigen.

Eine Auswahl der Texte und Bilder wurde vom Knesebeck Verlag in dem Buch "Letzte Tage mit meinem Vater" zusammengetragen. Es handelt sich dabei nicht um einen großformatigen Bildband, sondern um ein kleines querformatiges Buch, dass trotz des kleinen Formates von 14,6 x 19,8 cm auf allen 92 Seiten überzeugt. Es werden traurige Momente genauso festgehalten wie Augenblicke, die vollkommenes Glück bedeuten. Zusammen mit den kurzen Texten erhält man einen interessanten und rührenden Einblick in die Beziehung der beiden Männer. Man hat aber auch den Eindruck Toledanos Vater richtig kennenzulernen. Und am Ende seines Weges trauert man gemeinsam mit dem Sohn. Auf der anderen Seite sind die Bilder aber genau so, wie sie Toledano haben möchte. Sie lassen Interpretationen zu und regen zum Denken an. Und schnell ist man bei den Dingen, die auf den Fotos nicht gezeigt werden, aber mit einer Demenzerkrankung einher gehen. Toledano spricht nicht über die Pflege oder eine gewisse Ohnmacht und doch sind diese Themen allgegenwärtig.



Fazit: Für mich handelt es sich um ein sehr gelungenes Buch, das nicht nur in fotografischer Hinsicht eine Meisterleistung darstellt.

14,6 x 19,8 cm, Gebunden mit SU, 92 Seiten, mit 80 farbigen Abbildungen
Erscheinungsdatum: 04 2010
ISBN 978-3-86873-221-4
Preis: 19,95 € (D)
30,50 sFr ⁄20,60 € (A)



Link zur Verlagsseite

Mittwoch, 10. August 2011

In der Ruhe liegt die Kraft....

... habe ich mir gesagt und die letzten kinderfreien Tage für die blödesten Sachen genutzt. Jetzt rückt der erste Arbeitstag näher und auch der Stapel mit den gelesenen Büchern erscheint wieder in mein Blickfeld.

Morgen geht es weiter. Versprochen!

Liebe Grüße
Charlene

Freitag, 5. August 2011

José-Alain Fralon, Der Gerechte von Bordeaux

 - Das Wohnzimmer und das Esszimmer sind voller Flüchtlinge und die Familie nimmt ihre Mahlzeiten im Stehen in der Küche ein. Das Konsulat schließt nun gar nicht mehr. -

Viele Menschen kennen Oskar Schindler und reden, leider teilweise etwas unreflektiert, über seine Rettung von Juden. Doch kaum jemand kennt Aristides de Sousa Mendes.

Als portugiesischer Diplomat setzte er sich in Frankreich, entgegen seiner dienstlichen Vorgaben, für Flüchtlinge ein und rettete so ca. 30.000 Menschen vor dem Holocaust. Doch wer war eigentlich der Mensch de Sousa Mendes? Dieser Frage versucht José-Alain Fralon nachzugehen.

Er beginnt mit der Kindheit des späteren Diplomaten und beleuchtet genau welchen Einfluss die ländliche Umgebung und der Katholizismus auf den jungen Aristides gehabt haben. Dabei stellt er die familiären Begebenheiten in direkten Bezug zu geschichtlichen Ereignissen und portugiesischen Besonderheiten. Beleuchtet wird allerdings nicht nur das Leben der Hauptfigur, sondern auch die Entwicklung wichtiger Weggefährten. Besonders herausgestellt wird das Leben seines Zwillingsbruders, das teilweise in ganzen Etappen Parallelen aufweist und dann politisch in eine andere Richtung verläuft.

Beide treten in den diplomatischen Dienst ein, doch ist der Weg Aristides' sehr viel steiniger und von Umwegen geprägt. Zeitweise wird er sogar aus dem diplomatischen Dienst entlassen und muss zwangsweise in den Ruhestand gehen. Finanziell geht es ihm immer wieder sehr schlecht und er bittet um neue Anstellungen. Er scheint sich sogar regelrecht anzubiedern, um einen Posten zu erhalten. 1938 weist man ihm das Amt des Generalkonsuls in Bordeaux zu. Und dort wird er auf eine harte Probe gestellt.

Der Autor José-Alain Fralon wurde in Algerien geboren und arbeitet für die Pariser Tageszeitung "Le Monde". Sein Werk wurde in Frankreich ausgezeichnet und unter dem Titel "Désobéir" verfilmt. Zum überwiegenden Teil finde ich dies gerechtfertigt. Er hat die Geschichte von Aristides de Sousa Mendes wieder in die Öffentlichkeit getragen und so den Angehörigen, die schon lange um eine angemessene Erinnerung kämpfen, unterstützt. Zudem ist das Buch gut recherchiert und der Aufbau ist sehr gut nachvollziehbar. Auch die Sprache ist recht einfach gehalten und teilweise schon romanhaft. Daher entwickelt sich ein sehr guter Lesefluss. Allerdings gibt es auch bestimmte Stellen, die mir nicht gefallen haben. Meist handelt es sich dabei um plötzliche und riesige Themensprünge. Zudem driftet der Autor manchmal in eine Erzählweise ab, die sehr kolumnenhaft wirkt und dem Thema und dem jeweiligen Punkt der Erzählung nicht entspricht. Weiterhin wird die Erzählweise auch gewechselt ohne, dass dies für den Leser sofort erkenntlich ist. Man fühlt sich dann zunächst etwas orientierungslos. Diese negativen Punkte treten aber nur an wenigen Stellen auf und schmälern daher die Gesamtleistung nur geringfügig.

Fazit: Ein Buch, das eine ganz andere Perspektive der Hilfe aufzeigt und die Frage aufwirft wie sich eigentlich andere Diplomaten verhalten haben.


 
ISBN-13: 978-3-8251-7768-3
Erscheinungsjahr: 2011
Auflage: 1
Extras: Aus dem Französischen von Manfred Flügge, mit einem Nachwort von Andreas Neider
Einband: Gebunden
Seiten: 207
 
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Danke für die Bereitstellung durch: