Sonntag, 23. Dezember 2012

Simon Mawer: Die Frau, die vom Himmel fiel

- In Beaulieu wurde kein Hehl mehr daraus gemacht, wozu sie einmal eingesetzt werden sollten: Hier bildete man sie gezielt für das Leben im Untergrund aus. Eine Schule für Spione, sagte jemand. Sie hatten ihr einen Decknamen gegeben, den sie auch im Einsatz tragen sollte. Alice. Sie fand ihn passend. -

Marian Sutro ist 19 Jahre alt, als sie von der Special Operations Executive (SOE) für spezielle Einsätze im Ausland angeworben wird. Sie soll in dem unter deutscher Herrschaft stehenden Frankreich verschiedene Operationen leiten oder an ihnen teilnehmen. Dabei geht es vorrangig gar nicht so sehr um Spionagetätigkeiten, sondern um gezielte Zerstörungsaktionen, Hilfsleistungen für Untergrundkämpfer und dem Anwerben wichtiger Persönlichkeiten. 
Aufmerksam werden die Verantwortlichen auf Marian, weil sie als Mitglied der Women's Auxiliary Air Force (WAAF, Wikipedia-Artikel) ihren Dienst absolviert. Da sie somit im militärischen Bereich tätig ist, und auch teilweise mit sensiblen Informationen hantiert, wurde sie vorher selbstverständlich eingehend überprüft. Dadurch erfuhren ihre Vorgesetzten von ihren hervorragenden Französischkenntnissen und stellten ebenfalls fest, dass sie lange Zeit engen Kontakt zu einem wichtigen Physiker hatte, der momentan in Paris lebt und den Engländern große Hilfe leisten könnte. 
Da diese beiden Aspekte aber alleine für einen militärischen Untergrundeinsatz in Frankreich nicht ausreichend sind, muss Marian zunächst gedrillt werden und durchläuft eine harte Ausbildung, die sie auf ihre zukünftigen Aufgaben vorbereiten soll. Selbst die schwierigsten Passagen meistert sie gut und gewinnt dadurch auch den Respekt der meisten männlichen Teilnehmer. Das Training und die ungewohnte Anerkennung sorgen zudem dafür, dass sie langsam erwachsen wird und sich ihr Selbstbewusstsein steigert. Und obwohl sie das alles zunächst als eine Art Spiel sieht, fragt sie sich kurz vor dem Beginn der ersten Operation und dem dazugehörige Sprung aus einem Flugzeug doch, ob es sinnvoll war so schnell zuzustimmen. Denn bereits während der Vorbereitungsphase ist ihr bewusst geworden, dass es schwer ist während eines Einsatzes seine Gefühle zu verdrängen. Und besonders die Liebe kann ein zielführendes Denken blockieren.

Simon Mawer wurde in gewisser Weise von seiner Mutter zum Schreiben dieser Geschichte inspiriert. Sie war während des Zweiten Weltkrieges in der WAAF tätig und lernte in diesem Zusammenhang Ann-Marie Walters kennen, die ab 1943 für die SOE tätig war. Sie schrieb nach dem Kriegsende das Buch "Moondrops to Gascony". Darin berichtet sie von Untergrunderfahrungen, die sie in Frankreich machte. Mawers bekam dieses Buch als zehnjähriger Junge geschenkt und hat es seit diesem Tag mehrfach gelesen. Aus seiner Sicht werden die circa 50 Frauen, die in französischen Gebieten eingesetzt waren, nicht ausreichend gewürdigt. Es gibt zwar ein paar Bücher und Filme über einzelne Frauen, die allerdings meist aufgrund ihrer Beteiligung an besonders spektakulären Fällen in den Mittelpunkt gerückt werden. Mawer strebt eher eine Art literarisches Denkmal für alle Frauen an, die in der WAAF tätig waren.
Auf jeder Seite spürt man, dass Herzblut und Recherchezeit investiert wurden und beides einem persönlichen Anliegen folgend geopfert wurde. Auf der einen Seite versucht er durch die Protagonistin eine Geschichte zu erzählen, auf der anderen Seite möchte er aber objektiv bleiben. Durch Nebenhandlungen und verschiedene Perspektiven, die meist in den Dialogen an den Leser herangetragen werden, kann er die verschiedenen Handlungen und Beweggründe gut darstellen und kommt seinem Ziel recht nahe. Da zudem die Informationen, die sich auf den Agentenapparat oder die einzelnen Operationen beziehen, nicht platt und überbordend vermittelt werden, entsteht ein gut strukturiertes nicht zu komplexes Gebilde, dass den Leser leicht in die Vergangenheit und die recht unbekannte Welt der weiblichen Sonderagenten entführt. Dabei werden die historischen Ereignisse bewusst ausgespart beziehungsweise das Wissen darüber vorausgesetzt. Trotz der handwerklich guten Struktur steigt die Spannung nur sehr langsam an und man fragt sich in der ersten Hälfte immer wieder, was so interessant an dieser recht gewöhnlichen und noch unerfahrenen Frau sein soll. Wenn man allerdings am Ball bleibt, erhält man die Chance mit der Protagonisten zu wachsen. Je selbstbewusster Marian wird, desto spannender wird auch die Handlung. Dadurch entwickelte die Handlung in der zweiten Hälfte endlich eine ganz eigene Dynamik, die bis zum Schluss anhält und den Leser fesselt.

Unterstützend wirkt dabei eine recht harmonische Sprache, die nicht zu verschachtelt strukturiert ist und beim Lesen einen guten Rhythmus vorgibt. Schnell ist man in Marians Gedankenwelt eingetaucht und kann ihre Handlungen nachvollziehen. Allerdings verzweifelt man an manchen Stellen nahezu und könnte laut aufschreien, weil sie so extrem naiv wirkt. Auf der anderen Seite ist es wohl gerade diese Naivität, die sie dazu veranlasst hat, an diesen Operationen teilzunehmen. Und man darf ebenso nicht vergessen, dass man heutige Frauen nicht mit denen der 40er-Jahre gleichsetzen kann.

In die beschrieben Haupthandlung sind Aspekte einer Liebesgeschichte eingeflochten, die nie für eine lange Zeit in den Vordergrund treten oder so ausufernd beschrieben werden, dass es abschreckend wirken könnte. Sie sind eher das Salz in der Abenteuergeschichte und werden hin und wieder mit warmen Worten beschrieben, die manchmal so wirken als wollen sie einen intimen Moment oder einen liebevollen Gedanken beschreiben, der sehr zerbrechlich ist und durch überflüssige Worte zerstört werden könnte. In anderen Abschnitten wird jedoch alles wieder recht kühl beschrieben. Dies kehrt aber in gewisser Weise Marians Innerstes nach außen.

Insgesamt handelt es sich um einen soliden Roman, der allerdings erst in der zweiten Hälfte richtig Fahrt aufnimmt. Sprachlich gesehen ist das Werk recht passabel, aber nichts für den anspruchsvollen Leser. Man gewinnt leider den Eindruck, dass der Autor endlich mal etwas über das Thema schreiben wollte und viel Energie aufgewendet hat, aber seine Fähigkeiten nicht komplett ausgeschöpft hat.

Originaltitel: The girl who fell from the sky
Originalverlag: Little Brown
Aus dem Englischen von Klaus Timmermann Ulrike Wasel

Gebundenes Buch mit Schutzumschlag,  
384 Seiten
 13,5 x 21,5 cm
ISBN: 978-3-421-04565-2
€ 19,99 [D] | € 20,60 [A] | CHF 28,50* (* empf. VK-Preis) 
 


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Freitag, 14. Dezember 2012

Sylvia Englert & Silvio Neuendorf, Jonas fliegt zum Mond

Rezensiert für die Bücherkinder

Zum Glück befindet sich Jonas' Zimmer direkt unter dem Dach. Denn so kann er durch das schräge Fenster immer wieder den Sternenhimmel und den Mond betrachten. Eines Abends sieht er ein Signal leuchten, welches seinen Ursprung auf dem Mond haben muss. Er möchte unbedingt sofort erforschen, was sich dahinter verbirgt. Aber wie soll er da nur hinkommen? Ob seine Kuscheltiere wohl einen Rat haben? Nur der Oktopus Olli kann helfen, weil er weiß, wie man eine Rakete baut. Gemeinsam arbeiten sie an ihrem Fluggerät und starten wenige Zeit später alle zusammen in Richtung Mond. Als sie dort eintreffen, finden sie zwar große Spuren, das Blinken ist jedoch verschwunden. Die Reise ist also noch nicht beendet und außerdem stimmt irgendetwas mit dem Oktopus nicht. Was für ein Geheimnis trägt er mit sich herum?

Die fantasievolle Geschichte über Jonas und seine Reise zum Mond wird durch sehr klare Zeichnungen in ansprechenden und nicht zu grellen Farben verstärkt. Ein Bild erstreckt sich immer komplett über die zwei Buchseiten und dient somit auch als eine Art Hintergrunddarstellung, die kleine Überraschungen bereit hält. So kann man auf fast jeder Seite kleine grüne Reisende entdecken, die Jonas überhaupt nicht beachtet.
Der Text ist im Allgemeinen verständlich und hat genau die richtige Vorleselänge für ca. 4 bis 6 Jahre alte Kinder. Hinzu kommt, dass es nur sehr wenige Fantasiewörter gibt und trotz des technisch-naturwissenschaftlichen Themas keine Fremdwörter auftauchen. Alle Ereignisse werden kindgerecht beschrieben und wirken auf den Vorleser und den Zuhörer sehr ansprechend. Dazu tragen auch die vielen Dialoge bei, welche humorvoll formuliert sind. Und natürlich sollte man auch nicht vergessen, dass das Abenteuer an sich so spannend ist, dass man unbedingt weiterlesen muss.

O-Ton Paul (fast 6): Ich mag Jonas. Er will unbedingt herausfinden, wer die Signale gibt. Und außerdem steht Darth Vader auf seinem Tisch. Und er hat ein Modell der Enterprise.



Ab 4 Jahren / 32 S.
28,8 cm x 22,2 cm

12,95 € [D], 13,40 € [A], CHF 18,90
inkl. MwSt., zzgl. Versandkosten
ISBN: 978-3-7607-6869-4
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Montag, 10. Dezember 2012

Andreas Dierßen & Ralf Butschkow, Traktor fahrn

Florian, der mit seinen Eltern und der jüngeren Schwester in einem kleinen Dorf lebt, hat ein sehr gutes Verhältnis zu seinem Opa. Dieser hat einen Bauernhof außerhalb des Dorfes und wird dort oft von seinem Enkel besucht. Gemeinsam sind sie dann mit dem alten Deutz-Traktor unterwegs, der Robert heißt und sprechen kann.
Als Florian mal wieder auf den Hof geradelt kommt, hat sein Opa eine Überraschung für ihn. Er bekommt doch tatsächlich einen eigenen Traktor. Es handelt sich um einen roten McCormick, der auf den Namen Arthur hört und natürlich auch sprechen kann. Zwischen dem Traktor und dem kleinen Jungen entwickelt sich schnell eine dicke Freundschaft, die jedoch auch schnell starke Risse bekommt. Beide haben sich nicht an das Versprechen gehalten, welches sie dem Opa gegeben haben und bauen daraufhin einen Unfall. Die Schuld dafür schieben sie sich gegenseitig zu. Und gerade jetzt braucht Florians Opa beide dringend.
Rezensiert für www.buecherkinder.de

Die Geschichte von Freundschaft, Streit und Mut wird durch sehr detailgetreue Illustrationen unterstützt. Neben der eigentlichen Handlung findet man auf jedem Bild witzige Situationen, die zum Reden und Lachen anregen. Obwohl sie nicht zu der eigentlichen Geschichte gehören, lenken sie den Leser oder Betrachter nicht zu stark. Was meinen Testbetrachter aber zunächst irritiert hat, waren die menschlichen Attribute, die den Fahrzeugen zugewiesen werden. Der Gegensatz zwischen der sehr realitätsnahen Geschichte und den sprechenden Traktoren war für ihn anfangs etwas gewöhnungsbedürftig. Die warmen und zärtlichen Worte, mit denen die Beziehung zwischen dem Protagonisten und seinem Großvater beschrieben werden, gleichen solche Gegensätze aber aus meiner Sicht wieder auf. Die Dialoge sind ebenfalls interessant und kindgerecht gestaltet. Zudem ermöglicht eine kurze Satzlänge ein angenehmes und flüssiges Lesen, das besonders in der spannenden zweiten Hälfte zum Tragen kommt.

Betrachtet man zusammenfassend das Buch aus der Sicht des Vielleser, muss man sagen, dass der besondere Kick, mit dem sich ein Werk von den vielen Konkurrenten abhebt, leider fehlt.



12,95 €
32 farbige Seiten
21,6 cm x 27,5 cm
Erschienen: 19. Jul 2012
ISBN: 978-3-8303-1195-9


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Freitag, 7. Dezember 2012

Wundervolle Überraschungspost

Seit drei Jahren und drei Monaten bin ich bereits bei vorablesen.de aktiv.
Die Seite war auch maßgeblich daran beteiligt, dass ich diesen Blog eröffnet habe. Denn dort habe ich gleichgesinnte Bücher-Verrückte getroffen, die mir viele Tipps und wohlwollende Worte entgegengebracht haben.

Mehrmals im Jahr werden auf der Seite so genannte Edelfedern und Fleißbienen ausgewählt. Die Namen verraten schon, was sich hinter dem ausgezeichneten Mitglied verbirgt. Interessant daran ist aber auch, dass die Preisträger vorher von den anderen Mitgliedern im Forum nominiert werden.

Da ich mir nie irgendwelche Chancen ausgerechnet habe und in den letzten Monaten nicht so aktiv war, dass ich die Leistungen der anderen wirklich gut einschätzen konnte, habe ich die Diskussion gar nicht verfolgt.
Deshalb habe ich mir auch gar nichts bei dem Paketschein gedacht, der sich gestern in meinem Briefkasten befand. Heute morgen bin ich dann noch schnell zur Post und konnte ein Paket abholen, das aus dem Ullstein-Verlag kam. Aber auch beim Lesen des Absenders hatte ich keine Idee, was sich in dem Paket befinden würde.
Um so erfreuter war ich dann beim Lesen des Briefes. Ich wurde doch tatsächlich als Edelfeder ausgezeichnet und habe dieses tolle Buchpaket bekommen:
Das ist natürlich ein wundervolles nachträgliches Nikolausgeschenk. Danke an vorablesen.de, recht herzlichen Dank an die Verlage, die die Bücher zur Verfügung gestellt haben und natürlich ein dickes MERCI an diejenigen, die mich nominiert haben. Für mich ist das eine riesige Anerkennung, die ich gerade sehr gut gebrauchen kann :-)

Montag, 3. Dezember 2012

Fabian Lenk, Dino Terra. Angriff des Triceratops

Aus meiner Generation kennen wohl alle Jurassic Park. Aber was ist mit den kleinen begeisterten Forschern, die heute großes Interesse an der Welt der Dinosaurier haben? Für sie gibt es die Reihe Dino Terra aus dem Hause Coppenrath. Bisher sind vier Bände und zwei CDs mit den Zukunftsgeschichten entstanden.

Wir haben den dritten Teil der Reihe gelesen.
Wie in den anderen Bänden auch, wird von Abenteuern berichtet, die im Jahr 2050 auf dem Planeten Dino Terra spielen. Dort hat sich ein Dino-Park etabliert, der als touristisches Ausflugsziel genutzt wird. Zudem gibt es eine ganze Stadt, in der Menschen leben. Aus Sicherheitsgründen ist sie von einem Schutzschild umgeben und ein ausgeklügeltes Sicherheitssystem sorgt dafür, dass die fleischfressenden Dinosaurier nicht einfach durch die Straßen pilgern und wahllos Bewohner verspeisen. Doch eines Tages treffen die drei Freunde Raffael, Elena und Laurin mitten in der Stadt auf einen Dinosaurier. Anscheinend hat ein Hacker die gesamte Sicherheitstechnik außer Betrieb gesetzt. Nun wird es nicht mehr lange dauern, bis auch nicht ganz so friedliche Tiere in die Stadt vordringen werden.
Können die drei Freunde eine Katastrophe verhindern?

Obwohl die Bücher eine Altersempfehlung von 8 Jahren erhalten haben, wollten wir uns trotzdem an die Geschichte wagen. Natürlich ist es für den Vorleser und den Zuhörer anstrengend einer so langen Geschichte zu folgen. Aber auf den knapp hundert Seiten gibt es viele Möglichkeiten eine Pause einzulegen und am nächsten Tag fortzusetzen. Dabei helfen unter anderem die schönen Zeichnungen, die natürlich seltener als in einem Buch für kleinere "Leser" auftauchen, dennoch einen guten Gesprächsanlass bieten und die Handlung völlig ausreichend visualisieren. 
Die Sprache und der Handlungsverlauf sind auch für kleinere Kinder sehr verständlich. Beide Aspekte sorgen für einen hervorragenden Spannungsbogen, der dann doch einmal dazu führt, dass man einen längeren Abschnitt als üblich liest. 
Einzig die Fantasienamen sowie die Artbezeichnungen der Saurier lassen den Vorleser dann hin und wieder stocken. Hilfreich sind hier diverse Internetseiten, die die Aussprache erklären. Und selbst wenn diese einmal nicht korrekt sein sollte, hilft der kleine Experte oder die rasante Geschichte sorgt dafür, dass der Patzer gar nicht auffällt. 

Fazit: Ein spannendes Buch, das verständlich geschrieben und gut illustriert ist. Eine Affinität zu Dinosauriern sollte aber schon vor dem Lesen vorhanden sein.


Bestellnummer: 60587
ISBN: 978-3-649-60587-4
Coppenrath Verlag
Format: 15,5 x 21 cm
Seiten: 112
ab 8 Jahren

€ 9,95

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