Mittwoch, 1. Februar 2012

Paulo Coelho, Aleph

- Doch ich wusste, dass wir wie zwei Wolken am Himmel waren, von denen man nicht sagen kann, wo die eine anfängt und die andere aufhört. Ein Jahr später waren wir verheiratet, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt. Wir bekamen Kinder und ehrten Gott und Familie... bis eines Tages der Wind kam und die Wolken wieder trennte. -

Zum Autor
Das Leben von Paulo Coelho war schon früh kirchlich geprägt. Seine Eltern waren streng katholisch und konnte mit seinem Aufbegehren als Jugendlicher nicht umgehen. Sie ließen ihn sogar dreimal in eine Nervenheilanstalt einweisen. Neben diesem familiären Konflikt erlebte er aber noch viele andere. Er engagierte sich zum Beispiel auch politisch und rief zum Kampf gegen das brasilianische Militärregime auf und wurde daraufhin entführt und gefoltert. Songtexte, Bühnenstücke und Drehbücher zeugen außerdem von einer Sinnsuche, aber auch von dem beschreiten eines Weges, der als einzig wahre Richtung gesehen wird. In all seinen künstlerischen Ausdrucksformen erkennt man auch immer einen mystischen Anteil. Und obwohl er sich von der katholischen Kirche abwendete, findet er auf seiner Suche immer wieder in Teilaspekten zu ihr zurück.

Und so ist es nicht verwunderlich, dass sein erstes großes Werk die Begehung des Jakobsweges behandelt. Schon dieses Buch zeigt die starke biographische Färbung der Geschichten. Denn Coelho hatte sich längere Zeit einem Orden angeschlossen und beschritt 1986 den Jakobsweg. So weit ich das als unerfahrener Coelho-Leser einschätzen kann, sind seine Werke durchweg christlich, mystisch und alchemistisch geprägt und berufen sich auch diesbezüglich auf seine persönlichen Erfahrungen. Seine Protagonisten zeichnen seinen eigenen Weg nach, machen die gleichen Erfahrungen und geben dieselben Weisheiten weiter, die auch der Autor in verschiedenen Zusammenhängen kundtut. Diese Strategie ist sehr erfolgreich. Der Alchemist, welcher 1988 erschien, wurde zum Beispiel in über 50 Sprachen übersetzt. Zudem stellt der Autor viele Werke online und kostenlos zur Verfügung. Er konnte damit nachweisen, dass eine kostenlose Publikation im Internet die Verkaufszahlen der Bücher nicht schrumpfen lässt, sondern sogar steigert. Auch sein Erfolg außerhalb der Buchläden ist überwältigend. Ich glaube es ist mittlerweile einfacher zu sagen, welche Preise er nicht erhalten hat, anstatt die Gewinne aufzuzählen.

Die Persönlichkeit des Autors und seine Erlebnisse weckten somit schon ausreichend Interesse und es fehlte nur noch eine Gelegenheit, um in den Coelho-Kosmos einzutauchen. 

Das Buch
In Aleph berichtet Paulo Coelho von dem Versuch wieder König seines eigenen Reiches zu werden. Er möchte wieder eins mit sich selbst sein und eine innere Zufriedenheit und Freude empfinden. Hierfür muss er sich auf eine Reise begeben und erst einmal erkennen, was ihm verlorengegangen ist. Denn eigentlich hatte er das Gefühl schon am Ziel seiner Sinnsuche, angekommen zu sein. Er versucht mit spirituellen Traditionen wieder auf den richtigen Weg zu gelangen. Doch eigentlich ist er nur noch angewidert von den Ritualen und will fliehen. Genau das macht er auch. Er stürzt sich von einer Lesereise in die andere und hofft dabei einen vorbestimmten Weg zu finden, bleibt aber letztendlich erfolglos. Nur die Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn steht noch aus. Genau hier beginnt das eigentliche Abenteuer und die mystische Reise. Paulo lernt die junge Hilal kennen und wird sie nicht mehr los. Sie mutiert zu seinem Schatten und scheint ihn abgöttisch zu lieben. Schnell erkennen die beiden, dass sie in einem früheren Leben, obwohl diese Bezeichnung von Coelho stark angegriffen werden würde, eine enge Verbindung eingegangen waren. Der Autor reist immer wieder zu anderen Reinkarnationen seiner eigenen Persönlichkeit und weiß, dass er einmal acht Frauen ein großes Leid zugefügt hat. Er kennt allerdings nicht die gesamte Geschichte. Ist Hilal eine dieser Frauen und wird sie ihm bei seiner Suche helfen können?
Gemeinsam dringen sie in ihr Innerstes vor und ergründen ihre Seelen. Aber auch die anderen Mitreisenden haben ihre Problemen, die den Autor berühren und auffordern zu helfen. 

Meine Meinung
Ich habe mich mit den vielen mystischen Aspekten und den religiösen Symbolen sehr schwer getan. Coelhos eigene Rolle wird in meinen Augen extrem positiv und teilweise auch sehr überheblich dargestellt. Er scheint die Weisheit inhaliert zu haben und will seine Kenntnisse herausbrüllen. Alle warten auf seine weisen Worte und eine Gelegenheit, die mit göttlicher Energie gefüllt ist. Hinzu kommen die verschiedenen "Reisen" in seine Seele und zu seinen anderen Inkarnationen. Dabei entwickelt er ein anderes Zeitsystem und denkt nicht in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Alles scheint in Bewegung zu sein und passiert immer wieder. 
Wirklich interessant fand ich die historischen Bezüge und die Erzählungen, die sich mit den alten Erlebnissen beschäftigen.
Auch sprachlich gesehen ist der Roman durchaus empfehlenswert. Trotz der Symbolik wirkt die Sprache sehr klar und leicht. Coelho schafft es sehr verständlich und gleichzeitig metaphorisch zu schreiben. Viele Lebensweisheiten werden außerdem eingeflochten, wirken allerdings irgendwann zu mächtig und erdrücken die Leser, die sich sonst nicht in solch einem literarischen Umfeld bewegen.

Fazit
Die Sprache hat mich überzeugt. Allerdings war die Geschichte aus meiner Sicht zu stark auf die Person Coelhos fixiert und religiös überladen. Somit würde ich sie nur speziellen Lesern empfehlen.
 

 Roman, Hardcover Leinen, 320 Seiten
Erschienen in Jan. 2012

ISBN 978-3-257-06810-8
€ (D) 19.90 / (A) 20.50
sFr 33.90*
* unverb. Preisempfehlung






 
Danke für das Rezensionsexemplar!

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