Sonntag, 27. März 2011

Jan Wallentin, Strindbergs Stern

Selten hat es ein Autor geschafft mich so schnell an eine Geschichte und damit an sein Werk zu binden. Die Sprache packte mich sofort. Und obwohl die Ereignisse häufig gar nicht spektakulär sind, knistert die Spannung förmlich zwischen den einzelnen Zeilen.

Erik Hall ist ein moderner Abenteurer, der in alte Minenschächte klettert, dort verschlossene Türen öffnet und in wassergefüllten Räumen nach besonderen Erlebnissen taucht. Meist geht es bei seinen Unternehmungen darum, weiter als andere Einzelpersonen oder Gruppen zu kommen und seine eigenen Leistungen zu dokumentieren. Da Erik jedoch immer alleine unterwegs ist, geht es aber vor allem auch um seinen persönlichen Ehrgeiz, welcher in dazu bringt an seine Grenzen gehen und in darin stärkt, sich über seine abenteuerlichen Leistungen zu profilieren.
Als er von einigen jungen Frauen erfährt, die tief in den Faluner Minenschacht vorgedrungen sind, ist sein nächstes Ziel festgesteckt. Er möchte ebenfalls den Weg der Taucherinnen nehmen, plant aber sie in der erreichten Tiefe zu übertreffen. Unter enormen Anstrengungen gelingt ihm dieses Unterfangen. Er dringt vom Ehrgeiz gepackt immer weiter in die Schächte vor und findet letztendlich einen Raum, der teilweise mit Wasser gefüllt ist und ein dunkles Geheimnis hütet. Erik stößt auf ein wundervolles Anch-(Kreuz), das allerdings von einer Leiche gehalten wird.
Kaum ist die Polizei am Ort des Geschehens eingetroffen, erscheinen auch schon die ersten Journalisten, welche in den darauf folgenden Tagen die wildesten Verschwörungstheorien rund um den Leichenfund entwickeln, ohne dass sie von dem Kreuz wissen.
Der Finder ist jedoch zunächst sehr unglücklich über den entstehenden Rummel und ist mit seiner neuen Rolle überfordert. Gleichzeitig wird ihm dadurch eine Aufmerksamkeit zu Teil, die er so noch nie erlebt hat.
Nach wenigen Tagen flaut das Interesse der Medien allerdings schon wieder ab. Mit der daraus resultierenden Gleichgültigkeit kann Erik Hall nicht umgehen und spricht über. Zudem versucht er seit einem Fernsehauftritt vergeblich mit einem Experten in Kontakt zu treten, der sich hauptberuflich mit dem Bereich der Mythologie beschäftigt. Er erzählt ihm von dem Kreuz. An einer Besichtigung des Anchs scheint er aber nicht interessiert zu sein. Nun muss Erik in die Offensive gehen. Ein Zeitungsinterview und der anschließende Fototermin gestalten sich dann aber anders als erwartet. Die Rettung scheint plötzlich in Form einer attraktiven italienischen Journalistin aufzutreten. Bei einem Glas Wein unterhalten sich die beiden über den Fund und die Geschichte des Tauchers.
Don Titelman, der erwähnte Experte für Mythologie und Symbolik, entscheidet sich zur selben Zeit kurzfristig doch zu Erik Hall zu fahren. Dieser in aller Eile, aber vor nicht allzu langer Zeit, aufgebrochen zu sein. Vielleicht kommt er gleich wieder? Wenig später entdeckt Titelman durch einen Zufall den Gesuchten tot an einem See liegen. Das Kreuz ist verschwunden.

Der etwas schrullige Dozent, der den Tag nur durch eine enorme Menge an Psychopharmaka überlebt, steht im Mittelpunkt dieser Geschichte. Sie ist wie gesagt von Beginn an spannend. Doch erst mit dem Tod des Abenteurers beginnt der kriminalistische Teil, der auch die ein oder andere Verschwörung enthält.

Neben der Geschichte ist aber auch die Sprache sehr angenehm und trotz aller Wirrungen klar strukturiert. Dies ist sicher auch der guten Übersetzung von Antje Rieck-Blankenburg zu verdanken. Mir persönlich hat auch die Einstreuung anderssprachlicher Sätze gut gefallen. Einzig die Wiederholung mancher jiddischer Sprichwörter schien nach einer gewissen Zeit übertrieben.
Teilweise waren mir auch die äußerlichen Beschreibungen einzelner Figuren nicht klar genug. Die Eindrücke in die Gedankenwelt der Protagonisten machten dies aber wieder wett und sorgten insgesamt für ein stimmiges Bild.
Zudem schafft es der Autor in einer sehr eleganten Art und Weise Ahnungen über den Handlungsverlauf langsam in das Bewusstsein des Lesers eindringen zu lassen. Daran anschließende Handlungen wirken aber wie ein langsamer und sanfter Radiergummi, der diese Ahnungen wieder entfernt. Und schon muss man sich eine neue Theorie zurecht legen. Die dazu notwendigen kleinen Wendungen erschienen mir manchmal unwirklich, passten aber immer zu der Handlung und wirkten deshalb nie falsch.

Fazit: Strindbergs Stern ist ein spannender Roman, der kriminalistische, historische und mythische Aspekte verknüpft. Die Geschichte zwingt den Leser dazu die Außenwelt zu vergessen, weil man einfach weiterlesen muss.



Aus dem Schwedischen von Antje Rieck-Blankenburg,
512 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
ISBN 978-3-10-090514-7
€ 19,95 (D) / € 20,60 (A)
sFr. 30,50 (UVP)




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