Victor Frankenstein ist ein
kluger aber eher in sich gekehrter Junge, der einen mit jeder Faser an den
jungen Tim Burton erinnert. Ein leicht verrückter Lehrer erweckt durch sehr
faszinierende Methoden sein Interesse an der Wissenschaft. Und in einem sehr traurigen
Moment, kurz nach dem Tod seines geliebten Hundes Sparky, ist die Wissenschaft
für Victor nicht nur Trost, sondern auch Rettung. Er erweckt seinen besten
Freund wieder zum Leben. Er hat allerdings nicht damit gerechnet, dass jemand
sein Geheimnis kennt und die Erkenntnisse für ganz andere Zwecke nutzen will.
Die alte Idee
Mit Anfang Zwanzig arbeitete Tim
Burton bereits bei Disney und mühte sich ein wenig mit den niedlichen
Fuchszeichnungen ab, die man von ihm verlangte. Dieser putzige Gesichtsausdruck
der kleinen Tierchen lag ihm, der schon als Schüler immer viel zeichnete und
ein eher ruhiger Teenager war, ganz und gar nicht. 1982 erhielt er durch die
Unterstützungen mehrerer Kollegen die Möglichkeit einen kleinen Film zu
erstellen, der auf einem Kinderbuch basierte, das Burton selbst geschrieben
hatte. Offiziell sollte der Kurzfilm als Stop-Motion-Test genutzt werden und
die Menschen bei Disney wussten auch nicht recht, was sie mit dem 25-minütigen
Ergebnis „Vincent“ anfangen sollten und verbannten ihn, trotz durchweg
positiver Kritik und zwei gewonnener Preise, schnell ins Archiv. In dem
Kurzfilm erkennt man schon Figurentypen und Charakterzüge, die heut in fast
allen Burton-Filmen zu erkennen sind. Diese Aspekte griff er zwei Jahre später
erneut auf und produzierte den Film „Frankenweenie“, der in jeder Minute als
Hommage an die Horror- und Fantasyklassiker erkennbar ist. Aus Geldmangel wurde
aus dem großen gezeichneten Projekt ein Kurzfilm mit echten Schauspielern. Nachdem der Film allerdings keine
uneingeschränkte Altersfreigabe erhielt, konnte Disney ihn nicht im Vorprogramm
ihrer eigentlichen Zeichentrickfilme zeigen und verbahnte ihn ebenfalls ins
Archiv. Dieser Film, seine Grundzüge und der Gedanke, dass man daraus einen
abendfüllenden Film machen könnte, ließen Tim Burton nicht mehr los.
Die Umsetzung
In den letzten zwei Jahren
arbeitet Tim Burton an seinem dritten Film, der mit Stop- Motion-Technik
animiert wurde. Diese sehr klassische Methode und die daraus entstehenden
Bilder werden durch das Drehen in Schwarz-Weiß und die Umrechnung in 3-D noch
verstärkt.
33 Animatoren beschäftigten sich
in den letzten zwei Jahren mit mehr als zweihundert Puppen, die 24-mal bewegt
werden müssen, um eine Sekunde Film zu erzeugen. Die Puppen werden in einem
komplexen Verfahren erstellt und orientieren sich in der Größe an der
Hauptperson des Films, dem Hund Sparky. Zudem mussten für jede Figur mehrere
Kostüme und Perücken (aus Echthaar) erstellt werden. Damit die Figuren sich in
einer geeigneten Umgebung bewegen können, muss auch diese erstellt werden. Im
Gegensatz zum normalen Film kann man nicht nach bestimmten Orten recherchieren
und diese als Kulisse benutzen. Das recherchierte Umfeld muss in eine
Tischplatten-Kulisse umgearbeitet werden. Der Produktionsdesigner Rick
Heinrichs hat dies sehr gekonnt umgesetzt und eine Fantasievorstadt erschaffen,
die an Kleinstädte der 70er Jahre erinnert, aber ebenso einen sehr gruseligen und
morbiden Charakter aufweist. Der ausführende Produzent Don Hahn hat das mit den
folgenden Worten zusammengefasst: 1970er-Jahre-Fantasievorstadt- eine Art
‚Transsylvanien meets Burbank‘“. Dabei darf natürlich ein Tierfriedhof nicht
fehlen. Insgesamt wuren für den Film etwa 200 Sets gebaut.
Eingeschränkt waren die Designer
allerdings in der Farbwahl. Fankenweenie ist der erst Animationsfilm, der in
Schwarz-Weiß gedreht wurde. Wobei natürlich nicht unbeachtet bleiben darf, dass
es hunderte von Grauschattierungen gibt. Rick Heinrichs hat es aus meiner Sicht
die daraus entstehenden Chancen sehr gut beschrieben: „Wenn man sich als
Designer bei der Wahl der Werkzeuge etwas einschränkt und dafür mehr aus den
vorhandenen Mitteln macht, erhält man oft einen besseren Fokus. In diesem Fall
konzentrierten wir uns auf die Formen, das Licht und die Schatten, Silhouetten
und Oberflächenstrukturen.“
Dieser Fokus wird durch die
3D-Technik positiv verstärkt. Die Bilder wirken extrem klar und man hat häufig
den Eindruck, selbst am Set zu stehen. Dabei unterscheidet sich das Gefühl aber
von denen, die man beim Anschauen der gängigen 3D-Filme hat. Man fühlt sich
nicht ständig so, als ob man nach den Figuren greifen will. Man möchte eher
noch genauer hinschauen, die Textur besser erfassen und noch mehr mimische
Variationen wahrnehmen.
Eigene Meinung
Ich gebe zu, dass ich vielleicht
ein wenig voreingenommen bin, weil ich den morbiden Charme der Burton-Filme
sehr mag. Allerdings habe ich bisher nur die sehr bekannten Spielfilme gesehen.
Die Stop-Motion-Filme kannte ich nur aus Erzählungen. Aber diese Technik hatte
mich schon nach wenigen Sekunden für sich gewonnen. Sehr schnell hatte ich das
Gefühl, dass die Puppen die Gefühle, welche Burton transportieren möchte, noch
stärker ausdrücken können als Schauspieler. Dies mag vielleicht paradox
klingen, aber dadurch, dass die Figuren nicht etwas „spielen“ fühlt sich alles
viel echter an. Unterstützt wird dies natürlich durch die Grautöne und die
3D-Umrechnung. Zudem ist die Geschichte in ihrer Grundanlage, obwohl sie sich
natürlich an den Klassikern des Horror- und Fantasygenres orientiert, einfach
genial. Die Bezüge zu bekannten Werken lassen einen immer wieder schmunzeln.
Mehrfach hatte ich sogar den Drang einfach ein „Genial!“ herauszubrüllen. Dabei
wird natürlich klar, dass es sich in erster Linie nicht um einen Film für
Kinder handelt. Auch wenn viele Elemente aus meiner Sicht auch für kleinere
Kinogänger verständlich sind. Richtig viel Spaß macht Frankenweenie aber erst,
wenn man sich filmisch ein wenig auskennt. Und wer sich ein wenig mit Tim
Burton beschäftigt hat, erkennt auch hier wieder eine Parallele zu seiner
eigenen Person. Er ist in Bezug auf Horror- und Trashfilme ein wandelndes
Lexikon. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass er für Frankenweenie nicht
umfangreich recherchiert hat. Die Geschichte lag ihm am Herzen und er wollte
diesen lang gehegten Wunsch nach einem längeren Film endlich umsetzen. Das
merkt man, ohne dass er stilistische ins Sentimentale abrutscht. Er hat
anscheinend über Jahre Energie und Ideen gesammelt, die jetzt strukturiert und in
einer wunderbaren Umsetzung für uns ins Kino kommen.
Fazit
Eine absolute Empfehlung für
jeden Kinogänger, der künstlerisch anspruchsvolle und gleichzeitig
unterhaltende Filme mag.
Hinweise: Das zweite Video ist eine Zusammenstellung von "Vincent" und der "alten" Frankenweeni-Version.
Und wer bei Facebook unterwegs ist, kann mit einer kleinen App sein Haustier frankenweenifizeren!!!! (hier klicken)
Und wer bei Facebook unterwegs ist, kann mit einer kleinen App sein Haustier frankenweenifizeren!!!! (hier klicken)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen