Donnerstag, 17. Februar 2011

John Boyne, Der Schiffsjunge

- "Kapitän, Ihr seid der Kommandant des Schiffs, und ich werde eure Befehle natürlich befolgen", erwiderte er geschlagen. "Das werdet ihr allerdings", gab der Kapitän zurück, was mir ungehobelt vorkam, da Mr Fryer ihm höflich geantwortet hatte. Auch kam ich nicht umhin, die amüsierte Miene von Mr Christian zu bemerken, und wunderte mich darüber. -

John Jacob ist ein vierzehnjähriger Junge, der in Portsmouth lebt und sich seinen Lebensunterhalt mit kleinen Diebstählen sichert. Am Tag geht er auf die Suche nach potenziellen Opfern und entwendet ihnen die Geldbörse, wertvolle Taschentücher oder Taschenuhren. Seinen Verdienst muss er am Abend bei Mr Lewis abgeben, der ein Haus für Jungen unterhält, die keine Familie mehr haben oder von ihrer Familie verstoßen wurden. Der raffgierige und skrupellose Hausherr unterhält aber auch noch ein Bordell, in dem die Knaben ab einem bestimmten Alter arbeiten müssen. Da sie häufig schon in jungen Jahren zu Mr Lewis gekommen sind, hatte er ausreichend Zeit sie gefügig zu machen und ihnen zu vermitteln, dass sie dankbar sein sollten. John hat bisher auch noch nicht darüber nachgedacht, ob es nicht besser wäre zu fliehen. Doch als eines Tages ein Diebstahl nicht wie geplant abläuft, verändert sich ganz ungewollt sein Leben.

Er unterhielt sich mit einem galanten Herren, den er schon häufiger beim Kauf von Büchern beobachten konnte. Bisher traute er sich jedoch nicht ihn zu bestellen. Das sollte aber nun geschehen und zunächst war das Entwenden der Taschenuhr auch gelungen. Weit kam der Dieb allerdings nicht. Er wurde verhaftet und obwohl sich der Bestohlene, aufgrund von einer gewissen Sympathie, für Jacob einsetzte, brachten ihn die Polizisten vor ein Gericht. Da er dem Richter als Wiederholungstäter bekannt war, erhielt er eine Gefängnisstrafe von zwölf Monaten.
Der junge Jacob hätte am liebsten mit dem Weinen begonnen, wollte aber stark sein.
Da sich der bestohlene Mann bei dem Richter noch einmal für den Jungen eingesetzt hatte, erhielt er die Chance seine Haftstrafe gegen eine Arbeitsstelle auf einem Schiff einzutauschen. Allerdings würde er dann auf unbestimmte Zeit England verlassen. Er willigte trotzdem ein.

Der Auslauf der Bounty stand kurz bevor und der Kapitän hatte durch einen Unfall seinen Diener verloren. John  sollte ihn ersetzen und wurde somit zu einem Begleiter von William Bligh, der den königlichen Auftrag erhielt, auf Tahiti Stecklinge des Brochtfruchtbaumes zu züchten. Anschließend sollte die Ladung zu den Antillen gebracht werden. 
Der Rest der Geschichte ist bekannt. Oder doch nicht? Wie hat Jacob die Geschichte erlebt? Was hat er von den Meuterei-Plänen gewusst? Vielleicht war die Situation gar nicht so klar, wie sie uns heute erscheint?

John Boyne hat die gut recherchierten geschichtlichen Grundlagen mit einer Prise Fiktion gewürzt und eine spannende und unterhaltsame Geschichte kreiert. Jacobs Erzählung lässt die Ereignisse in einem ganz anderen Licht erscheinen, gibt aber auch den einzelnen Figuren ausreichend Raum, ums ich zu entfalten. Sie werden umfangreich charakterisiert und ihre Handlungen werden nachvollziehbar beschrieben. Dabei überschreitet der Erzähler aber nie seinen eigenen Handlungsrahmen. Er ist nicht allwissend, sondern nur eine Art Reporter und kann deshalb auch nur das berichten, was er gehört und gesehen hat. Seine Gedanken und Gefühle berichtet er zwar, scheint sie aber nicht zu nutzen, um die Geschichte zu verfärben. Sie stehen sozusagen außerhalb der eigentlichen Handlung. 
Die Sprache ist dabei klar, verständlich und nicht zu kindlich. Für einen Jugendroman fand ich sie sehr angemessen. 
Und das Ende ist einfach wunderbar!

Einzig zwei Aspekte habe ich negativ wahrgenommen. Erstens wird die Herkunft Jacobs zweimal unterschiedlich beschrieben. Und dabei kann es sich nicht um ein Stilmittel handeln, da er beide Male selbst und in keinem außergewöhnlichen Zusammenhang berichtet. Zweitens treten zum Ende hin einige Wiederholungen auf. Spätestens nach der dritten Nennung kennt man den Namen des toten Seemanns. Dieser muss nicht alle Nase lang wiederholt werden. Aber darüber konnte ich im Endeffekt hinwegsehen.

Fazit: Ein gelungener und spannender Jugendroman, der entgegen dem Trend ganz ohne Vampire und Zombies auskommt.

Hardcover
Preis € (D) 18,95 | € (A) 19,50 | SFR 28,90
ISBN: 978-3-8414-2118-0


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2 Kommentare:

  1. leider werden wohl nur wenige Jugendliche ein solches Buch lesen...und auch ich bin jetzt hin und her gerissen...eigentlich finde ich Boyne nicht so toll, da ich bisher kein Buch gelesen habe, das nicht irgendwelche groben Fehler enthielt...andererseits gab es da schon eine Gewissen Besserung in dem Buch "Das Haus zur besonderen Verwendung" ...vielleicht sollte ich dann auch dieses lesen?!

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  2. Sorry für die späte Antwort.
    Ich hatte ja bisher nur der Junge im gestreiften Pyjama gelesen und fand ihn gut. Ich kennen aber auch deine Meinung dazu und würde jetzt mal einfach sagen, dass du nichts verpasst, wenn du "Der Schiffsjunge" nicht liest. :-)

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