Samstag, 7. Mai 2011

Ergebnisse der Fragerunde mit Birand Bingül


Liebe BesucherInnen,
ja eigentlich wollte ich diese Zusammenfassung gestern abliefern und heute eine Rezension. Da mich das gestern rezensierte Buch aber sehr gepackt hatte, konnte ich mit der Rezension nicht warten :-)

Zur Fragerunde:
Leider haben ich nur drei Teilnehmer an der Fragerunde beteiligt. 
Hauptsächlich wird das wohl an dem (noch) recht geringen Bekanntheitsgrad des Autors gelegen haben. Zudem ist sein Buch erst vor wenigen Tagen erschienen und wurde wahrscheinlich noch nicht so häufig gelesen. Wie dem auch sei, um auch den Lesern, die nicht im Facebook-Netzwerk aktiv sind einen Eindruck der Fragen und Antworten zu geben, stelle ich sie euch hier zur Verfügung. Vielleicht regt es ja doch den ein oder anderen Interessenten zum Lesen an 

Liebe Grüße
Charlene



Der Einstiegstext des Rowohlt-Verlages:
Diese Woche erscheint der Roman "Der Hodscha und die Piepenkötter" von Birand Bingül. In dem Buch treffen zwei Kulturen aufeinander, wie das ja in unserem Alltag häufig der Fall ist

Ursel Piepenkötter ist die unangefochtene Nummer eins. Als amtierende Oberbürgermeisterin liebt sie das Bad in der Menge, sie ist resolut und kämpferisch. Ihre Spezialdisziplinen: Tricksen, Tarnen, Täuschen. Ihr oberstes Ziel: die Wiederwahl. Doch die gerät in Gefahr, als Nuri Hodscha, der neue Geistliche der türkischen Gemeinde, zum Einstand ankündigt, eine prächtige Moschee bauen zu wollen. Vielen Bürgern der Stadt ist der Islam nicht geheuer – muss eine Bürgermeisterin da nicht eingreifen und Profil zeigen? Ursel Piepenkötter wittert die Chance, durch eine wohldosierte Portion Populismus die Wahl für sich zu entscheiden.
Doch als sie Nuri Hodscha den Marsch blasen will, ist sie an den Falschen geraten: Der Mann Allahs ist ein Schlitzohr ohnegleichen. Ob Kuhhandel oder Erpressung – auch ihm sind alle Mittel recht. Noch 42 Tage bis zur Wahl. Zwei Gegner, die sich nichts geben. Der Kampf ist eröffnet ...
http://www.rowohlt.de/buch/Birand_Binguel_Der_Hodscha_und_die_Piepenkoetter.2905726.html

Wir würden gerne diese Woche mit Ihnen diskutieren. Wie erleben Sie die Integrationsdebatte in Ihrem Alltag? Entspricht die politische Diskussion der Realität?
Und auch Fragen zum Autor und zum Buch wollen wir gerne beantworten. Der Autor Birand Bingül wird sich die ganze Woche über an der Diskussion beteiligen und für Fragen zur Verfügung stehen.

Wir freuen uns sehr auf Ihre Fragen und den Austausch mit Ihnen. Also dann, die Diskussion ist eröffnet ...
 Und hier die Fragen nebst Antworten: 
Hallo Herr Bingül,

vielen Dank, dass Sie sich so direkt den Fragen stellen. Gerade am 01. Mai ist dieses Thema ja wieder sehr aktuell und glücklicherweise gibt es auch immer sehr viele Demonstranten, die auch gegen Rechts Stellung beziehen.

Wie geht es Ihnen denn selbst bzw. wie fühlen Sie sich in Deutschland und wie würden Sie selbst Ausländern hier den Anfang erleichtern? Wie kann man ihrer Meinung nach höflich aber dennoch sinnvoll Integration fordern?

Herzliche Grüße,
...
Bingül 
Hallo Frau ...,

ich selbst fühle mich in Deutschland zu Hause. Einige Rechtsextreme haben mich im Netz auch schon mal wegen meiner journalistischen Arbeit unschön tituliert. Aber insgesamt lebe ich aber sehr gerne und gut hier.

Und dann kommen die ganz großen Fragen der Integration - oh je, ich hoffe, ich kann mich kurz fassen. ;) Also, wie würde ich den Ausländern den Anfang erleichtern? Kommt darauf an, welche Ausländer Sie meinen. Bei den Flüchtlingen haben wir sicher den Fehler gemacht, sie nicht arbeiten zu lassen. Bei der Greencard seiner und bei der Arbeitsmigration heute ist sicher der Fehler, dass die Vorbedingungen für eine Einreise sehr große Hürden darstellen. Da kommt rüber: Wir wollen euch nicht wirklich. Und so kommen eine Handvoll Hochqualifizierte. Da bin ich für ein vernünftiges, faires Punkte system auf der einen und humanitäre Flüchtlingshilfe auf hohem Niveau auf der anderen Seite.

Die Integration höflich, aber sinnvoll fordern: Ich weiß nicht, ob höflich das richtige Wort ist. Respektvoll hilft sicherlich - und wo es nicht anders geht, habe ich auch nichts gegen deutlich und unmissverständlich. Sich in einen konstruktiven Konflikt zu begeben hilft mehr als tolerante Gleichgültigkeit. Dabei geht diese Forderung ja im Idealfall in beide Richtungen, an Ausländer und Deutsche. Die Schule ist sicher ein wichtiger Hebel, das Recht auch konsequent durchzusetzen, ist im kritischen Milieu sicher auch wichtig, wie Frau Heisig ja einleuchtend deutlich gemacht hat. Die große Schwierigkeit ist, und das wird in Deutschland meiner Meinung nach falsch diskutiert: Integration an sich ist ein individueller, kein kollektiver Prozess. Und: Deutschlernen, mitmachen, teilhaben, seinen Platz finden: Das ist doch absolut erstrebenswert. Die Menschen müssen begreifen dürfen, dass Integration zu ihrem persönlichen Vorteil ist - und nicht von Deutschland verordnet. Also: Schwierig, aber einiges läuft schon besser, etliches könnte noch besser laufen. So, hier stoppe ich, sonst komme ich noch zur Rolle der Parteipolitik...

Hilft Ihnen das weiter?

Herzlich,
Birand Bingül
Hallo Herr Bingül,

vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort! Mir macht es immer ein bisschen Angst, wenn solche Menschen wie Sarazzin eine falsche Stimmung verbreiten und auch in Österreich und Ungarn gibt es da ja aktuell wieder große Probleme. Ich weiß nicht, ob wir das Problem generell in den Griff bekommen. Sicherlich würde es schon helfen, wenn jeder wählt und damit solche Menschen überstimmt.
Da kann ein humorvolles Buch sehr helfen, um die Menschen daran zu erinnern und zum Nachdenken zu bewegen. Aber engagieren Sie sich denn auch selbst politisch?

Vielen Dank,...
Hallo Frau ...,

nein, ich bin nicht politisch aktiv. Ich habe ja bis vor einem Jahr als Journalist gearbeitet und hielt es für richtig, den berühmten Satz von Hajo Friedrichs zu beherzigen: Mache Dich mit keiner Sache gemein, auch nicht mit einer guten. Unabhängig zu sein in diesem Beruf besonders wertvoll, finde ich. Und der WDR verlangt und goutiert das in besonderem Maße. Aber wie Sie am Buch und anderen Veröffentlichungen von mir sehen können, heißt das nicht, keine Haltung, keine Position zu haben.

Herzlich,
Birand Bingül
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Bingül,
Ihr Werk habe ich schon in einer Rezension über den Klee gelobt, wenn man das so sagen darf. Daher halte ich mich diesbezüglich jetzt zurück. Meine Frage:
Wenn Sie einen Tag die Piepenkötter wären, was würden sie dann machen? Also, abgesehen vom Trinken eines schönen Rotweins.

Herzliche Grüße
Charlene Otremba 
Liebe Frau Otremba,

Ihre Rezension habe ich schon gelesen. Vielen Dank für das viele Lob! Ich hoffe, dass möglichst viele das Buch so aufnehmen wie Sie - und es lesen und verschenken. ;)

Und dann ein Tag Being Ursel Piepenkötter - Sie kommen ja auf Sachen! Also, mal sehen: Nach dem Frühstück würde ich eine Intrige aushecken, um Hermelinde vom Vorsitz der Frauenunion zu entfernen. Schließlich hat sie mich zu dieser Podiumsdiskussion gezwungen. Und wenn hier einer jemanden erpresst, dann bin ich das! Ich würde außerdem Meierlein beauftragen, mehr über den Hodscha zu erfahren. Und seine Frau. Ich habe lieber ein As im Ärmel. Und Frieden ist nur die kurze Phase zwischen zwei Schlachten. Dann ist mir dieser Populist Kress von der Contra-Partei ein Dorn im Auge. Und er jagt mir auch noch Wählerstimmen ab. Ich überlege mir eine Falle. Vielleicht kann Bob Winter helfen, solange er auf meiner Payroll steht. Mein Sohn ist zum Glück nicht zu Hause. Also mach ich mir einen schönen Abend und gucke "Der Pate", alle Teile. Verärgert stelle ich fest, dass der Händler meines Vertrauens mir Weißwein geliefert hat. Pfuideibel. Aber nach der zweiten Flasche schmeckt er gar nicht so schlecht. Ich nicke beim dritten Teil ein und schlafe traumlos.

:)
Birand Bingül
 Lieber Herr Bingül,
ich bin gerade etwas perplex, da ich so etwas wie einen Lachkrampf habe :-D Ich dachte zwar sie würden sofort die Frauenunion mit der muslimischen Gemeinde verschmelzen lassen oder eine neue Integrationspolitik starten, aber so ist es ja auch ganz nett. Außerdem war die Antwort an Frau Paul schon sehr aussagekräftig. Danke auch dafür.

Ich freue mich schon auf weitere Bücher aus ihrer Feder!
Liebe Grüße
Charlene Otremba
@ Charlene Otremba: Jaaa, aber ihre Vorschläge wären nicht "in character". Die Piepenkötter ist keine Revoluzzerin. Und Reformen traut sie auch nur, wenn sie weiß, was rauskommt. ;)

Ich hoffe auch, dass ich noch das eine oder andere Buch schreiben kann und darf. Aber jetzt ist das neue ja gerade erst raus - und ich darf ein bisschen die Spannung genießen, wie es denn ankommt...

(Sorry, hatte zu früh abgeschickt...)
Das muss ich ihnen leider Recht geben! :-) Charlene Otremba
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Auch in Holland ist die Integrationsdebatte eine heikle Sache. Leider ist Geert Wilders eine holländische "Erfindung". Ich hoffe dass Ihr Buch eine holländische Übersetzung bekommt. Ich denke schon darüber nach wie man Piepenkötter übersetzen soll. übrigens steht das Buch schon auf meiner Wunschliste.

Herzliche Grüsse

...
 

Lieber Herr...,
ja, Holland ist sehr brisant. Bei Cosmo TV vom WDR Fernsehen, dem einzigen Integrationsmagazin im deutschen Fernsehen, haben wir immer wieder über den Tellerrand geschaut, auch auf das Phänomen Geert Wilders. Und ich würde mich natürlich wahnsinnig freuen, wenn das Buch ins Holländische übersetzt würde. Aber die Piepenkötter muss die Piepenkötter bleiben, oder finden Sie nicht?

Herzliche Grüße
Birand Bingül

1 Kommentar:

  1. ja, ich habe mich an der Fragerunde auch nicht beteiligt :( *schäm* aber ich kenne weder das Buch noch den Autor...da weiß man ja nie was man fragen soll...aber vielen Dank für die Zusammenfassung hier!

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